In diesem Blogeintrag befassen wir uns zum größten Teil mit dem weiblichen Bierkonsum in Chinas Nordosten. Die primäre Datengrundlage des folgenden Blogeintrags beruht auf den Ergebnissen einer Datenerhebung von analyse asia mit dem unternehmenseigenen Online-Marktumfragesystem OMUS, ergänzt durch persönliche Erfahrungen des Verfassers. Im Auftrag des Online-Portals Statista wurden 1258 Konsumenten im Alter von 18 bis 60+ Jahren innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen befragt. Der größte Anteil der Teilnehmer ist zwischen 25 und 44 Jahren alt und verdient monatlich zwischen 1500 und 4999 RMB. Fast alle Befragten kommen aus der Provinz Liaoning. Die meisten von ihnen sind Angestellte oder Beamte und verheiratet. Da wir in diesem Beitrag geschlechterspezifisch auswerten, nutzen wir lediglich die Antworten der 1007 Befragten, die alle demographischen Fragen beantworteten. Als sekundäre Quelle wurde insbesondere der „WHO Global status report on alcohol and health 2014“ genutzt.
Alkoholkonsum in China
Obwohl Alkohol in der chinesischen Gesellschaft schon immer als wichtiges Gut eingestuft wurde, tranken früher die meisten Männer nur bei traditionellen Festen oder an sonstigen arbeitsfreien Tagen. Die Frauen im besten Fall gar nicht. Als Konsumgut war Bier bis zur Gründung der Germania-Brauerei 1903 in Qingdao Chinesen fast gänzlich unbekannt. Mittlerweile hat sich vieles verändert: Mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Volksrepublik änderte sich das Konsumverhalten bei alkoholischen Getränken deutlich. Es wird nicht nur vermehrt und öfter getrunken, sondern auch die Vorlieben ändern sich. Die klassischen alkoholischen Getränke wie zum Beispiel der Reis-Schnaps Bai Jiu (白酒), verlieren immer weiter an Relevanz und Marktanteilen. Bevor ich mich mit der Erstellung dieses Eintrages befasste, bat ich eine chinesische Freundin mir in wenigen Zeilen Ihren Eindruck über den derzeitigen Status von Alkohol in China zu beschreiben. Es wurde ein ganz persönlicher und ausführlicher Blick hinter die gesellschaftlichen Kulissen, welcher sehr zum Verständnis des geänderten Konsumverhaltens beiträgt.
Mittlerweile stellt China einen der am härtesten umkämpften Märkte für den Verkauf alkoholischer Getränke weltweit dar. Gleichzeitig steigt der Konsum pro Kopf weiterhin kontinuierlich an. Die folgenden Daten stammen aus dem aktuellen „WHO Global status report on alcohol and health 2014“. Wir merken an, dass die genutzten Daten zum Konsum in China aus dem Jahr 2010 stammen. Betrachten wir den Alkoholkonsum der Gesamtbevölkerung, war China 2010 im internationalen Vergleich mit 6,7 Litern pro Kopf noch weit abgeschlagen. Streichen wir die überraschend große Anzahl chinesischer Nichttrinker (56%) aus dieser Rechnung, ergibt sich jedoch ein ganz anderes Bild. Im direkten Vergleich wurden 2010 trinkfeste Staaten wie Irland, Frankreich oder Australien mit einem durchschnittlichen Pro Kopf Verbrauch ab 15 Jahren von 15,1 Liter reinem Alkohol per anno erstmalig überholt. Unterteilt in Geschlechter tranken Frauen durchschnittlich 7,6 Liter und Männer 18,7 Liter pro Jahr. Spirituosen hatten mit 69% den größten Anteil an diesem Ergebnis.
Exemplarisch zusammengefasst bedeuten 15,1L reiner Alkohol unterteilt in die Gesamtanteile von Schnaps, Bier und Wein, dass der durchschnittliche chinesische Alkoholkonsument in 2010 42,4 Flaschen Doppelkorn, 8,4 Kästen Bier, 1 Kiste Wein +1 Flasche trank. Im Vergleich dazu der Alkoholkonsum westlicher Staaten 2010: Irland (14,7l), Australien (14,5l), USA (13,3l), Frankreich (12,9l)und Italien (9,9l) pro Konsument (Berechnungsformel: Menge in ml x (Vol.-% / 100) / 1000 = Liter reiner Alkohol)
Aktuelle Daten unserer eigenen Datenerhebung
Die gerade zitierten Daten der aktuellsten WHO Studie (2014) stammen aus dem Jahr 2010 und beruhen auf einer überregionalen Datenerhebung, so dass diese mit unseren Ergebnissen nur indirekt vergleichbar sind. Unsere Daten geben stattdessen einen deutlichen und vor allem aktuelleren Einblick in den Mikrokosmos Alkoholkonsum im Nordosten Chinas. Durchschnittlich trank jeder Befragte fast 8 Flaschen Bier in den letzten sieben Tagen vor der Befragung (7,78). Die Damen hatten mit durchschnittlichen 6,5 Flaschen einen überraschend großen Anteil daran. Die von ihnen am stärksten präferierte Brauerei war Qingdao mit 22,5 % gefolgt vom japanischen Joint-Venture Partner Suntory den 20,2 % der Befragten eindeutig präferierten. Platz drei belegte die lokal ansässige Brauerei Harbin mit 16,6 % der Gesamtstimmen. Grundsätzlich ist an dieser Stelle anzumerken, dass sich die Präferenzen der Damen deutlich weniger stark verteilten als bei den Herren. Die Männer favorisierten zwar auch Qingdao mit 20,9 % und Suntory erreichte wieder den zweiten Rang mit noch 13,6 % der Stimmen, danach verteilten sich die Vorlieben jedoch deutlich breiter als bei den Damen. Besonders aktiv am Konsum beteiligen sich insbesondere junge Frauen im Alter von 25 bis 34. Die 228 Teilnehmerinnen tranken durchschnittlich in der Woche vor der Befragung 7 Flaschen Bier und favorisierten dabei eindeutig Qingdao oder Harbin.
Wir haben das Gesamtergebnis aus Interesse einmal auf ein Jahr hochgerechnet: Jeder Befragungsteilnehmer trank im Jahr 2014 gemäß unserer auf den Befragungsergebnissen basierenden Kalkulation 8,3 Liter reinen Alkohol pro Jahr. Streichen wir die komplett Abstinenten und ehemaligen Trinker kommen wir auf durchschnittliche 14,7 Liter in diesem Jahr.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass in unserer Kalkulation nur der Konsum von Bier und Spirituosen berücksichtigt wurde. Der Pro Kopf Konsum wäre natürlich noch höher, wenn der Weinkonsum addiert werden würde. Der Anteil von Wein am Gesamtkonsum belief sich in China 2010 auf 3 % und wird sich bis 2014 spürbar vergrößert haben. Zudem konnten wir Konsumenten zwischen 15 und 18 Jahren nicht berücksichtigen, da wir nur Erwachsene befragt haben. Als unsere Berechnungsgrundlage dienten die gängigen chinesischen Einheiten mit Flaschen á 580 ml und 3,5 ‰ für Bier sowie 0,5l und 45 ‰ für Spirituosen.
Geschlechtergetrennt tranken die befragten Frauen auch ohne eingerechneten Weinkonsum fast 12 Liter reinen Alkohol in 2014. Alle Konsumenten präferierten, unabhängig vom Geschlecht, lieber Bier als Schnaps, was der Spirituosenanteil von 27% am Gesamtkonsum zeigt. Dieses Ergebnis bestätigt auch meine persönliche Erfahrung aus Geschäftsreisen im chinesischen Nordosten. Bei Geschäftsessen und auch privat wurden eher selten traditionelle Spirituosen wie Bai Jiu gereicht. Es wurde zwar viel getrunken vermehrt jedoch chinesisches Bier mit einem deutlich geringeren Alkoholanteil (3,5‰) als ich es in Deutschland gewohnt bin. Zumindest die Chinesen im Nordosten haben sich zu Biertrinkern entwickelt.